unlautere Mittel der Kirche in Indien

Im Zusammenhang mit dem Bischof-Treffen bewegte mich noch, dass die Kirche meiner Meinung nach mit unlauteren Mitteln versucht, Menschen für ihren Glauben zu gewinnen. Wie ich schon in meinem Forschungsbericht erwähnte, war ich in einem englischsprachigen Gottesdienst in Tiruchirapally, wo der Pastor über die heilenden Kräfte, die von dem Christentum ausgehen, predigte. Er versuchte, seine Botschaft der Gemeinde zu vermitteln, indem er von einer hinduistischen, kranken Frau erzählte. Diese sei von Gebeten zu hinduistischen Göttern nicht geheilt worden, jedoch durch das Hören eines christlichen Radiosenders. Diese Art der Missionierung ist mir fremd und fragwürdig.

Eine weitere nachdenkenswerte Erfahrung, die ich in Zusammenhang mit der Kirche gemacht habe ist, dass vieles nicht zur Sprache gebracht wird. Es gibt so vieles, das verheimlicht wird und ich frage mich, ob das indische Mentalität ist oder christlich indische Mentalität. Ein Beispiel dazu: Zusammen mit meiner Mutter habe ich ein Gespräch mit der Leiterin der Women Fellowship (Frauenarbeit) geführt. Die Women Fellowship der TELC setzt sich unter anderem für die Rechte der Frauen besonders in Tamil Nadu ein. Eines unserer Gesprächsthemen war AIDS, eine Krankheit die sich rasant in Indien verbreitet.

Indiens AIDS-Problem

2005 hat Indien Südafrika als Land mit der größten Zahl HIV-infizierter Menschen abgelöst. 5,7 Millionen Inder sind infiziert – das sind zwei Drittel aller HIV-Infektionen in ganz Asien. Weit verbreitete Prostitution (Aufgrund von Armut) und das geringe Wissen über AIDS haben ermöglicht, dass inzwischen einer von hundert Erwachsenen infiziert ist. Immer mehr Kinder verlieren ihre Eltern oder erkranken. Von den 5,7 Millionen AIDS-Kranken sind rund 130.000 Kinder. Das für uns Überraschende und Erschreckende bei diesem Gespräch war, dass die Leiterin nicht wusste, was Kondome sind.

Kondome kannte sie weder als Verhütungsmittel, noch als Schutz vor HIV/AIDS. Und es handelte sich hierbei m. E. weder um ein Sprach-, noch Erklärungsproblem. Wir sprachen das Thema AIDS- Prävention an, wobei sie betonte, dass es vor mehr als zwei Jahren Aufklärungskurse für Frauen gab. Sie fügte hinzu, dass sie regelmäßig nach Chennai fahre, um sich ein Bild von der Krankheit zu machen. Als wir sie darauf ansprachen, ob sie die Problematik HIV/AIDS auch in ihren Predigten aufnimmt (sie ist Pastorin und Leiterin des Women Fellowship) entgegnete sie, dass sie das Evangelium predigen würde…

Tabuisierung und Stigmatisierung dieser Thematik gehören bislang zu Indiens Kultur. Ich habe erst nach einem halben Jahr erfahren, dass in dem Kindergarten, indem ich arbeite ein Kind AIDS infiziert ist. Vorher wurde dieses verheimlicht und man betonte, dass nur die Mutter des Kindes AIDS habe.